Vogue Business hat in ihrem aktuellen Report die Laufstege der AW23 Kollektion unter die Lupe genommen: Wie viel Plus Size wurde wirklich gezeigt?
Eine Debatte, die diese Mode-Saison sicher ihren Höhepunkt erreicht hat: Wie divers geht es zu, wenn Designer:innen Models für ihre Shows buchen? Ist der Hype um Plus Size Models vorbei? Und überhaupt: Loben wir bestimmte Modehäuser für ihre Inklusivität, obwohl der an einer curvy Person gezeigte Look, garnicht für große Größen produziert wird?
Vogue Business hat vor ein paar Tagen einen Report veröffentlicht, der aufzeigt, wie größeninklusiv es auf den Fashion Weeks zuging. Dafür wurden alle Shows und Präsentationen für Herbst / Winter 2023 analysiert.
So größendivers waren die AW23-Schauen laut Vogue Business wirklich:
Dieser zeigt: Laut den Daten von Vogue Business, die während des gesamten Modemonats erhoben wurden, hat die Herbst/Winter-Saison 2023 in Bezug auf die Repräsentation von Übergrößen auf dem Laufsteg keine Fortschritte gemacht. Von 9.137 Looks bei 219 Shows in New York, London, Mailand und Paris waren nur 0,6 Prozent Plus Size (US 14+ / EU 44+) und 3,8 Prozent Mid Size (US 6-12 / EU 36-42). Das bedeutet, dass 95,6 Prozent der für AW23 präsentierten Looks in den Größen US 0-4 / EU 30-34 gehalten waren.
Auch wenn es dank einer steigenden Debatten-Kultur zum Thema Inklusion in der Mode so scheint, als ob sich endlich etwas tut, dieser Report wiederlegt einiges. Es ist also noch eine ganze Menge zu tun!

Karoline Vitto & Co.: Jungdesigner:innen überzeugen mit Repräsentation
Eins fällt in der Debatte besonders auf: Die Designer:innen, die auf ein erweitertes Model-Spektrum auf dem Runway setzen, sind oft die ganz Kleinen. Die sogennanten „Emerging Designers“, also Jungdesigner:innen, haben verstanden, dass eine Modewelt in der nur dünn und weiß erwünscht ist längst überholt ist. In der gesamten Saison zeigten nur 17 Marken mindestens einen Look in Übergröße. Die Marken mit dem höchsten Anteil an Plus-Size-Modellen über 14 Jahre waren besonders junge Brands wie Sinéad O’Dwyer, Ester Manas, Karoline Vitto, Di Petsa und Bach Mai. Dieselben Marken wiesen auch den höchsten Prozentsatz an Models in Mid Size Größen auf.
Selbst mit geringen Budget im Vergleich zu Konzern-Riesen der Kering oder LVMH Group, versuchen diese Marken auf dem Laufsteg, bei ihren Samples und bis hin in den Online-Shop Größendiversität möglich zu machen. Die Modedesignerin Elena Velez, die vor allem für ihre neu gedachten Korsett-Looks bekannt ist, fasst es in ihrem Kommentar unter dem Vogue Business Instagram-Post treffend zusammen: „(…) Nicht alle von uns können es sich leisten, Laufstegschnitte in Übergrößen zu duplizieren – wenn wir einen einmaligen High-Concept-Look in Übergrößen machen wollen, sicher, aber Übergrößen zu zeigen und keine Übergrößen zu produzieren geht garnicht“.
Was die Modeindustrie jetzt braucht: Mächtige Meinungsmacher:innen
Höchste Zeit also, dass Industrie-Giganten wie Vogue mit einem Report, wie diesem, Druck machen. Und ihre Cover jetzt auch mit mehrgewichtigen Personen schmücken. Wie Edward Enninful, Chefredakteur und Vogue European Editorial Director, der jüngst den Plus Size Supermodels Jill Kortleve, Precious Lee und Paloma Elsesser für die April 2023 Ausgabe der britischen Vogue die Bühne bot.
Menschen außerhalb des genormten Größenspektrums durch Kampagnen, Magazin-Cover, Werbespots oder Laufsteg-Auftritte sichtbar werden lassen, ist essenziell. Doch dass ihre Betrachter:innen und somit auch Endkonsument:innen, bisher nur von der gezeigten Kleidung träumen konnten, sollte dringend überholt werden. Denn das traumhafte Strickkleid in Navy-Blau, in dem Paloma Elsesser in ihrem Nymphen-Reigen thront, wird in dieser Ausführung ganz sicher nicht im Onlineshop von Saint Laurent aufzufinden sein.