André Haedicke ist einer der Stars des Disney-Musicals „Hercules“. Mit The Curvy Magazine hat der 36-Jährige über Body Positivity gesprochen und verraten, warum er sich mehr Diversität auf deutschen Bühnen wünscht.
Er ist 1,64 Meter klein, rundlich und bringt geballte Power und viel Witz auf die Bühne. Im Disney-Musical „Hercules“ ist André Haedicke als Heinz zu sehen. Und auch abseits der Musicalbühne liebt er es, die Menschen zum Lachen zu bringen und zu unterhalten. Mit seinem Solo-Programm „Dick im Geschäft“ ist der 36-Jährige auch auf Tour unterwegs. Wir haben den sympathischen Schauspieler zum Interview gebeten.
The Curvy Magazine: Du gehst mit deinem Gewicht super selbstbewusst um. War das schon immer so?
André Haedicke: Nein, das war nicht immer so. Ich war schon als Jugendlicher zu klein, zu dick, zu queer. Der Befreiungsschlag kam während meines Musicalstudiums in Berlin. Da habe ich erkannt, dass ich mich durch mein Äußeres von der Masse abhebe und ich damit ein gewisses „Alleinstellungsmerkmal“ in der Branche habe. Und während meine Kolleg*innen mit Fitness ihre Körper stählen, esse ich halt Kuchen um in Form zu bleiben.
Was ist “Body Positivity” für dich?
„Body Positivity“ ist für mich die Einzigartigkeit und Schönheit jedes einzelnen Menschen anzuerkennen.
Bei “Hercules” bist du in der Rolle des Heinz zu sehen. Kritiker würden sagen: Typisch, dass der Dicke den Lustigen spielt. Wie stehst du dazu?
Zum Glück ist das so, sonst hätte ich keinen Job! Dazu kommt, dass ich sehr gerne die lustigen Parts spiele, wie jetzt eben zum Beispiel den Heinz bei „Disneys Hercules“. Heinz ist der etwas tollpatschige Assistent von Hades, dem Gott der Unterwelt. Er wird losgeschickt, um das Baby Hercules zu töten, aber Heinz kann es nicht, weil er einfach ein zu gutes Herz hat. Heinz und sein Kumpel Karl haben die coolsten Sprüche, die meisten Lacher – die Zuschauer lieben uns. Das macht jeden Abend riesigen Spaß – ich bin froh, dass ich mein Talent, meinen Witz und meinen Körper in dieser Form auf die Bühne bringen kann.

„Man sagte uns: ,Magersucht sieht auf der Bühne besser aus als ein Kilo zu viel auf den Rippen“
Glaubst du, dass im Musical-Bereich Mehrgewichtige genug repräsentiert sind oder ist da noch Luft nach oben?
Uns hat man damals im Studium noch eingetrichtert: „Magersucht sieht auf der Bühne besser aus als ein Kilo zu viel auf den Rippen.“ Ich bin sehr froh darüber, dass sich junge Menschen so einen Satz heute nicht mehr sagen lassen würden. Gott sei Dank ändert sich das gerade, besonders im Musical-Bereich. Ich stehe derzeit mit Kolleg*innen aus aller Welt, mit verschiedenen Hautfarben und verschiedener Sexualität auf der Bühne. Und in „Disneys HERCULES“ gibt es zum Beispiel die grandiosen Musen: fünf stimmgewaltige, sexy und teils kurvige Sängerinnen, die durch die Story von „Hercules“ führen. Die haben viele enge, kurze Kostüme an und sehen einfach atemberaubend aus! Diese Art der Inszenierung würde ich mir viel mehr auf deutschen Bühnen wünschen! Davon wünsche ich mir mehr. Auf und hinter der Bühne.
Du stehst nicht nur auf der Musical-Bühne, sondern bist auch mit deinem musikalischen Comedy-Programm “Dick im Geschäft” auf Tour. Wie kam es zur Idee und zum Titel?
Meine Soloshow „Dick im Geschäft“ ist im wahrsten Sinne des Wortes aus einer Schnapsidee entstanden. Ich habe bei Feiern oft lustige Geschichten aus meinem Berufsalltag erzählt und irgendwann meinte eine Freundin zu mir: das ist so lustig, mach daraus doch ein Programm. Jetzt spiele ich in meinem Programm mit den Erwartungen des Publikums über Musical und Dick sein, bringe sie zum Lachen und manchmal auch zum Nachdenken und nehme sie mit ganz viel Musik und Witz mit in meine Gedankenwelt. Kurz nach meinem Studium habe ich im Ensemble von „La Cage aus Folles“ eine Bauchtänzerin gespielt und in einer Nummer sollten wir Pole Dance machen. Während meine Kolleg:innen also an der Stange „in der Horizontalen“ hingen, glitt ich, Schwerkraft sei Dank, immer runter. Der Kommentar des Regisseurs: „Das lassen wir so., da lacht das Publikum.“ Mit meinem Können und auch meinen Unzulänglichkeiten Geld verdienen zu dürfen und Geschichten zu erzählen, ist für mich ein unglaubliches Geschenk.
Wie gehst du mit Kritik um?
Kritik gehört zum Job und ich würde behaupten, zum Leben dazu. Wir agieren, ob auf der Bühne oder im wahren Leben, mit anderen Menschen und da kommt es unabdingbar zu „Feedbacksituationen“. Ich persönlich mag Kritik um besser zu werden, gestehe mir aber auch ein, nicht jede Kritik anzunehmen.
Welche Tipps hast du, um selbstbewusster durchs Leben zu kommen?
Das ist keine einfache Frage. Mir persönlich hat geholfen, mir über meine Stärken und Schwächen bewusst zu werden. Selbstbewusst „das kann ich“ zu sagen, gehört genauso dazu wie „das kann ich (noch) nicht“ zu sagen. Dinge, die ich nicht ändern kann, so zu akzeptieren, wie sie sind. Und das Wichtigste: mich (und meinen Körper) selbst zu lieben und zu akzeptieren.