Warum wir frustessen und was wir dagegen tun können.
Iss was? Essen ist etwas Wunderbares. Komischerweise sehen Karotten, Gurke und Sellerie jedoch ziemlich alt aus, wenn wir uns vom Leben überrollt fühlen. Stattdessen greifen wir zu Schokoriegel, Chips und andere Knabbereien, vor allem bei Emotionen wie Stress, Ärger oder Langeweile. Warum ist das so? Und was steckt hinter dem emotionalen Essen, landläufig auch Frustessen genannt. Hier ein paar wissenswerte Fakten und Irrtümer, die sich um das Thema ranken:
Frauen sind die größten Frustesser
Schon gewusst? Rund 40 Prozent aller Frauen in Deutschland greifen aus Frust zu Schoki & Co. Bei Männern sind es nur die Hälfte. Warum das so ist, erklären sich Psychologen mit der weiblichen Neigung, die Gründe für Versagen meist bei sich selbst zu suchen. Also beruhigen wir uns mit Leckereien, um uns wieder gut zu fühlen und setzen auf diese Weise einen frustrierenden Kreislauf in Gang. Denn die Probleme bleiben vorhanden. Männer reagieren auf Stress dagegen pragmatischer und nach außen gewandt: Sie rasen mit 180 Sachen über die Autobahn, treten gegen den Mülleimer oder brüllen rum. Auch blöd – aber den Frust einfach mal rauszulassen, statt im wahrsten Sinne des Wortes in sich hineinzuessen, täte uns Frauen vielleicht auch mal gut.
Frustessen ist kein Genussessen
Wer Essen liebt, gibt sich Mühe bei den Zutaten, der Zubereitung und dem Zauber des langsamen Genusses. Feine Geschmacksexplosionen entfalten sich nicht, wenn man alles eilig in sich hineinschlingt. Zusatzproblematik: Essen ist heute im Gegensatz zu früheren Zeiten permanent und überall verfügbar. Also versuchen wir ehrlichmit unseren Motivationen zu sein: Haben wir wirklich Hunger, wenn wir wieder essen oder ist es Langeweile, Frust oder Stress?
Kann Frustessen gefährlich werden?
Dass kommt auf die Häufigkeit an. In manchen Fällen ja, zum Beispiel können der Blutzuckerspiegel und Karies zum Problem werden. Glucose, also Zucker, ist der einfachste aller Kohlenhydrate, bringt Energie und spielt besonders für die Gehirnleistung eine wichtige Rolle. Aber Vorsicht, denn zu viel davon macht eher träge und sogar depressiv. 35 Kilo Zucker isst der Durchschnittsdeutsche pro Jahr, was definitiv zu viel ist. Denn die notwendige Ration ist ohnehin schon in Obst, Brot, Pasta usw. enthalten. Fettig-salzige Chips sind nicht die beste Alternative (aber ab und an natürlich einfach wahnsinnig befriedigend): Wer salzig isst, kann dann auch Durst auf gezuckerte Getränke bekommen, hallo Teufelskreis.
Frustessen als Belohnung
Schuld sind unsere Gene und auch die Evolution. Schon im Mutterleib werden wir via Fruchtwasser an den süßen Geschmack gewöhnt, was zunächst mal Sinn macht: Süßes bedeutet gutes, nahrhaftes Essen, im Gegensatz zu Bitterkeit, welche meist Gift und Unreife signalisiert. Das wussten schon die Neandertaler und griffen lieber zu reifen Beeren als zu Holzrinde.
Stress, oder besser gesagt der Stressmechanismus, ist ein im Laufe der Evolution entstandener Vorgang, der uns Menschen das Überleben schon häufig gesichert hat. In stressigen Situationen schütten wir das Stresshormon Cortisol aus. Es sorgt beispielsweise dafür, dass die Hirnareale, die für das bewusste und achtsame Handeln verantwortlich sind, blockiert werden.
Statt gegen bedrohliche Tiere kämpfen wir in der heutigen Zeit gegen Probleme wie Zeitdruck oder Stress an der Uni. Durch Stress wird die Wahrnehmung unserer inneren Signale wie Hunger und Sättigung herabgesetzt.
Weiter geht’s mit wohlmeinenden Eltern oder Großeltern, die uns wie Pawlowschen Hunden beibringen: Wenn Du brav bist, gibt’s ein Stück Schokolade. Gelernt ist gelernt? Nein! Denn auch im Erwachsenenalter kann man sich wieder „umprogrammieren“. Das geht schneller als man denkt.
Raus aus der Frust-Falle
Am Anfang schmeckt der Kaffee ohne die üblichen zwei Löffel Zucker noch ungenießbar? Die Geschmacksknospen gewöhnen sich tatsächlich schon nach wenigen Wochen um, auch wenn’s schwer vorstellbar ist. Wer keine Lust auf „kalten Entzug“ hat, dosiert einfach langsam runter. Dafür Karotten – die übrigens auch Zucker enthalten – am besten immer schön vorgeschnitten griffbereit haben. Sieht ebenfalls hübsch aus und meist geht’s ja nur darum, irgendwas im Mund zu haben. Viel trinken hilft auch, Ablenkung sowieso. Also mit Freunde zoomen, einen Film schauen, einen Schal stricken. Erstaunlich, wie fix sich Körper und Geist umstellen und wir das Belohnungszentrum umpolen können.
Wenn dir eine Mail mit 16 Anhängen ins Haus flattert, weitere 5 Anträge sowie 4 Mails auf dich warten. Dann hilft nur noch Kaffee… Viel Kaffee!!!!
Probleme anpacken
Apropos Wurzelgemüse! An der Wurzel sollten wir vor allem die Gründe für unsere Frustfress-Attacken packen. Egal, ob Streit mit dem Partner, Leerlauf im Job oder ein anderes Trauma – tu etwas für dich! Erkenne zunächst den Auslöser und besorge Dir im Ernstfall Hilfe von Freunden, Familie oder Profis. Wer einmal in der Falle steckt, kommt da allein nicht immer raus. Also nur Mut, denn wir sind viele! Und ganz wichtig: Es geht hier NICHT ums Abnehmen, sondern um eine Zunahme an Lebensqualität. Auch wenn es schmerzhaft sein kann sich seinen Problemen zu stellen. Für mehr Glück, Gesundheit – und Genuss!