Die besten Witze über Kilos und Curvys macht sie selbst. Doch wie wenig lustig es für Dicke in unserer Gesellschaft oft noch sein kann, erzählt die Komikerin Sofie Hagen im Interview.
Wenn Sofie Hagen sich vorstellt, dann so: „Hallo, ich bin dick, ich bin auch 30, Dänin und Skorpion. Ich habe in einer Bäckerei, einem Anti- quariat und einem Sexshop gearbeitet.“ Jetzt ist sie erfolgreiche Stand- up-Comedienne, Buchautorin, Fett-Aktivistin und hat der Dicken- feindlichkeit den Kampf angesagt. Und das tut sie mit sehr viel Humor.
Welches Wort benutzt du, wenn du dich selbst beschreibst?
Sofie Hagen: Ich sage fat, was im Deutschen sowohl dick als auch fett heißt. Erstens, weil fett an sich ein neutrales Wort ist. Anders als viele andere setze ich fett aber nicht mehr mit faul, dumm, hässlich, ungeschickt oder nicht liebenswert gleich. Für mich bedeutet fett: powerful, schön, weich, belastbar und einfach herrlich. Lange hat man auch blond gesagt, wenn man eine wenig intelligente Frau meinte. Trotzdem haben wir das Wort nicht aus unserem Vokabular verbannt und durch hellhaarig ersetzt. Wir haben gelernt, blonde Frauen ernst zu nehmen. Die meisten jedenfalls.
Du trittst für Fat Liberation ein. Was hast du gegen Body Positivity?
Nicht falsch verstehen, Body Positivity hat auch gute Seiten. Ich freue mich über jede, die ihren Körper liebt und akzeptiert. Aber es verändert nicht die Welt, es verändert nur die Einstellung einzelner zu sich selbst. Es muss sich aber das ganze System, die Gesellschaft und der Blick auf uns Dicke ändern. Da setzt Fat Liberation an, eine Bewegung, die es schon seit den 1960er-Jahren gibt und von Dicken, Schwarzen und lesbischen Jüdinnen in den USA gegründet wurde. Eine ganze Industrie lebt doch davon, Frauen und schon kleinen Mädchen einzureden, nur dünn zu sein sei erstrebenswert. Wenn andere uns nicht ständig attackieren würden und uns nicht ständig dazu bringen würden, uns selbst zu hassen, bräuchten wir keine Body Positivity.
„Für mich bedeutet fett: powerful, schön, weich, belastbar, einfach herrlich.“
Sofie Hagen
Welche Diskriminierungen sind die schlimmsten?
Medizinische Voreingenommenheit gegenüber Dicken. Wir bekommen nicht dieselbe Hilfe wie dünne Menschen. Es gibt Studien, die beweisen, dass eine sehr große Anzahl an Medizinern dicke Menschen faul und abstoßend findet. Ich musste mit anhören, wie Ärzte fiese Witze über Dicke machen. Viele dicke Menschen mit Krebs werden gar nicht behandelt, wenn sie nicht vorher abnehmen. Dicke Frauen gehen erwiesenermaßen weniger oft zum Arzt als dünne. Das wundert mich nicht. Ich habe Angst davor, dass ich krank werde und dann keinen Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung habe. Ich habe Angst, nicht ernst genommen werden. Das verletzt mich am meisten.
Wie gehst du mit Hatern um? Was ist eine angemessene Reaktion?
Jede Reaktion ist angemessen. Es heißt immer: Am besten ignorieren. Was der schlechteste Rat von allen ist. Ich stell mir diese Hater gern vor. Niemand, der ein glücklicher, zufriedener Mensch ist, setzt sich abends nach Feierabend gemütlich hin und schreibt Hassmails oder postet „Stirb, du Schlampe“. Leute, die das tun, sind zutiefst unglücklich. Und traurig. Und verärgert. Und meistens hassen sie sich selbst. Diese armen, armen Jungs. Ich hoffe, sie finden Hilfe.
Was hat dir geholfen, dein Dicksein zu akzeptieren? Ich habe
sehr lange geglaubt, dass alles, was über Dicke gesagt wird, auch stimmt. Dass es schlecht und ungesund und eklig sei, fett zu sein. Mit diesen Dogmen bin ich aufgewachsen. Bis ich kapiert habe, dass das alles Lügen sind und dahinter nur eine große Wirtschaftsindustrie steckt, die mit vielen Millionen verunsicherter Frauen Geld verdienen will.
Du hast einen tollen Style. Wie würdest du den beschreiben?
Keine Ahnung. Ich versuche, eine gute Mischung aus feminin und maskulin zu finden. Ich trage keine Kleider mehr. Stattdessen Anzüge, Hosen und Jumpsuits. Ich mag Farben, aber auch Schwarz. Ich habe ein paar Onlineshops, wo ich gern einkaufe: SimplyBe, River Island Plus, Navabi, Plus Equal. Aber ich würde sagen: 90 Prozent in meinem Kleiderschrank sind von ASOS.
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