Selbstkonservierende Hautpflege: Das kann der neue Beauty-Hype
Hand aufs Herz: Ein strahlender Teint gehört zum Wunsch von den meisten von uns – doch der moderne Lebensstil geht nicht spurlos an unserer Haut vorüber. Gerade das Mikrobiom und dessen natürliche Vielfalt haben es schwer und können durch Produkte mit einem hohen Anteil an synthetischen Konservierungsstoffen beeinträchtigt werden. Die selbsternannte Mikrobiom-Flüsterin Helen Ambrosen, Mitbegründerin und Produkterfinderin von Lush ist eine wahre Pionierin, wenn es darum geht, Inhaltsstoffe zu wählen und Produkte zu formulieren, die ohne synthetische Konservierungsstoffe frisch bleiben. Ein Konzept, das sich als “selbstkonservierend” bezeichnet. Seit über fünfundvierzig Jahren beschäftigt sie sich mit der komplexen Wissenschaft der Hautpflege, mit dem Ziel, wirksame Produkte zu entwickeln, die sowohl die auf der Haut lebenden Mikroorganismen als auch die Hautbarriere schützen.
Mikrobiom: Was genau ist das?
Die Haut ist das größte Organ des Körpers und beherbergt Millionen von Mikroorganismen – eine Mischung aus guten Bakterien, Pilzen und Viren, die alle zusammenarbeiten. Diese Mikroorganismen werden oft als Hautflora bezeichnet und bilden das Mikrobiom der Haut. Dieses spielt eine entscheidende Rolle für die allgemeine Gesundheit der Haut und trägt maßgeblich zum Schutz vor Hautproblemen bei. Daher ist es enorm wichtig, ein gesundes Mikrobiom aufrechtzuerhalten. Denn so wird sichergestellt, dass schädliche Mikroorganismen keinen Platz auf der Haut finden, um sich dort zu vermehren und möglicherweise Krankheiten zu verursachen. Das Mikrobiom ist also etwas, das wir zum Schutz der Haut bewahren und pflegen sollten – und zwar am besten mit Produkten, die speziell darauf ausgelegt sind.
Warum braucht man überhaupt Konservierungsstoffe?
Die Wahrheit ist: Cremes sind anfällig für Bakterien. Bis ein Tiegel leer ist dauert es oft Monate. In diesem Zeitraum werden die Cremes täglich auf- und zugeschraubt und der Finger immer wieder hineingetaucht. Auch die feuchtwarme Luft im Badezimmer und der hohe Wasseranteil in Cremes sind eine perfekte Voraussetzung für Bakterien und Pilze. Aus genau diesem Grund werden in der Kosmetik Konservierungsstoffe eingesetzt. Denn diese können Bakterien und Pilze abtöten. Allerdings stehen sie auch im Verdacht, allergische Reaktionen auszulösen. Um Allergiker zu schützen werden jetzt diverse Konzepte ohne synthetische Konservierungsstoffe entwickelt. Manche Beauty-Brands verzichten jetzt sogar komplett auf Konservierungsstoffe.
Was hat der neue Hype der
selbstkonservierenden Kosmetik damit zu tun?
Helen Ambrosen erklärt: “Bei selbstkonservierender Kosmetik handelt es sich um kosmetische Produkte, die sich selbst konservieren. Im Detail heißt das: Die Inhaltsstoffe für die Produkte werden von unseren Expert*innen so gewählt und kombiniert, dass die Formulierungen stabil und wirkungsvoll bleiben und sich angenehm anfühlen, ohne dass synthetische Konservierungsstoffe hinzugefügt werden müssen. Bereits 2022 waren 90 % der Lush-Produkte aus dem regulären Sortiment selbstkonservierend.” In der Kosmetikindustrie ist das bis heute eher ungewöhnlich. Viele Produkte enthalten einen hohen Anteil an synthetischen Stoffen, die in großen Chargen hergestellt werden, um sie dann über längere Zeit lagern zu können. Lush geht mit seiner selbstkonservierenden Kosmetik einen anderen Weg und stellt sich als Vorreiter gegen den Status quo: Es werden nur minimale Mengen synthetischer Konservierungsmittel benutzt oder selbstkonservierende Formulierungen entwickelt. Alle Produkte werden nur in kleinen Mengen und dafür häufiger produziert, um die Kund*innen stets mit frischen Produkten versorgen zu können. Das macht das Konzept der selbstkonservierenden Kosmetik revolutionär.
Heißt gut fürs Mikrobiom und auch gut für die Umwelt?
“Synthetische Konservierungsstoffe sind Biozide, d. h. ihre Aufgabe besteht darin, die Bakterien im Zaum zu halten und deren Wachstum zu hemmen. Über ein Pflegeprodukt aufgetragen, hat diese Eigenschaft auch einen Einfluss auf die Haut, deren Mikrobiom dadurch gestört werden kann. Deswegen verwenden wir sie bei Lush nur in geringsten Mengen oder verzichten komplett darauf”, verrät Helen. Durch den Verzicht von synthetischen Konservierungsstoffen wollen wir das Ökosystem auf der Haut respektieren und zur Erhaltung der natürlichen Vielfalt des Mikrobioms beigetragen. Auch der Planet profitiert vom Verzicht, denn viele synthetische Konservierungsstoffe werden im Wasser nicht abgebaut. Das heißt, dass sie sich anreichern und die im Wasser lebenden Lebewesen schädigen können. Inhaltsstoffe wie Honig, Salz, Kaolin oder natürliche Butter bauen sich hingegen von selbst ab und haben einen zusätzlichen Benefit für die Haut.
Gibt es Herausforderungen bei der Entwicklung von selbstkonservierender Kosmetik?
Eine Challenge stellt beispielsweise der Inhaltsstoff Wasser dar. Dieser fungiert in Kosmetika als Lösungsmittel und sorgt dafür, dass nützliche Inhaltsstoffe in die Haut gelangen. “Das Problem mit Wasser ist allerdings, dass es eben auch einen idealen Nährboden für Bakterien darstellt, sodass zum Ausgleich synthetische Konservierungsmittel zum Einsatz kommen müssen. Das heißt, um auf die synthetischen Stoffe verzichten zu können, muss die Produktformulierung durch z. B. sorgfältig ausgewählte Butter und Öle angepasst und der Wassergehalt reduziert werden. Dadurch fühlen sich die selbstkonservierenden Formulierungen reichhaltiger an”, erklärt Helen. Im Übrigen sind feste Produkte genau deswegen von Natur aus selbstkonservierend, weil sie kein oder nur sehr wenig Wasser enthalten. “Für die Lush-Produkte greifen wir auf natürliche Konservierungsstoffe zurück, wie z. B. Wasser absorbierende Tonerde oder Kalamin, alkalisches Salz, z. B. in unserem selbstkonservierenden: ,Ocean Salt Körperpeeling‘ (UVP: 205 ml, ca. 29 €), oder Honig, der antimikrobiell, antiseptisch und antibakteriell wirkt”, verrät die Gründerin. Weiter sagt sie: “Sich an die richtige Formulierung heranzutasten, kann seine Zeit dauern. Für die Entwicklung der selbstkonservierenden ,Dream Cream Bodylotion‘ (UVP: 230 ml, ca. 25 €) haben wir zum Beispiel 98 Versuche gebraucht.”
Diese Brands produzieren Frischekosmetik:
- Bei der österreichischen Beauty-Brand Ringana dreht sich alles um das Thema Konservierungsstoffe. Die Ecocert-zertifizierte Naturkosmetik nutzt weder Konservierungsstoffe noch genetisch veränderte oder chemisch-synthetische Grundprodukte. Auch auf die Beimischung tierischer Produkte und sonstigen Schnickschnack wird komplett verzichtet. Bei der Frischekosmetik vergeht zwischen Extrahierung der Essenz bis zum fertigen Produkt wenig Zeit. Die Fertigstellung der Pflegehelfer erfolgt nach Bedarf. Kaum etwas liegt im Lager. Bei Ringana ist alles frisch! Hochantioxidative Wirkstoffe und rein natürliche Zutaten, die biologisch angebaut werden, auf Schadstoffe geprüft werden und superschonend verarbeitet sind, damit die volle Wirkpower erhalten bleibt. Füllstoffe, Konservierungsmittel, Chemie, Lösungsmittel oder Mineralöle sucht man bei Ringana vergebens. Liebling der Redaktion: ,Fresh Body Milk‘, die die Haut lange mit Feuchtigkeit versorgt und die Hautbarriere unterstützt. Sie nährt, beruhigt trockene, sensible, juckende Haut mit hochwertigen Pflanzenölen und sorgt so für intensives Wohlbefinden. UVP: 200 ml, ca. 37 €
- Ebenfalls Teil der tollen Philosophie der Naturkosmetik von Oliveda ist der Verzicht auf Konservierungsstoffe – zumindest überall dort, wo es geht. Mit dem antioxidativen Zellsaft, der aus den Olivenblättern gewonnen wird, ist es immerhin möglich, dass 85 % der Produkte komplett auf Konservierungsstoffe verzichten. Basierend auf alten Klosterrezepturen und gemeinsam mit erfahrenen Kräuterfrauen aus dem mediterranen Raum werden die Produkte bestehend aus extra virgin Olivenöl aus der feinen Arbequina-Olive, hergestellt.
DIY-Kosmetik länger haltbar machen:
Ätherische Öle wie Lavendel oder Rosmarin verleihen selbstgemachten Produkten nicht nur ein tollen Duft, sondern sie wirken ganz nebenbei auch wie ein Konservierungsmittel. Auch Thymian, Slabei, Teebaumöl und Nelken eignen sich. Die Wirkung ist ähnlich wie die von Alkohol: Sie schützen die selbst hergestellten Produkte auf Dauer vor Bakterien. Zur Hestellung einfach 2 Tropfen Öl im Verhältnis zu 100 ml Wasser mischen. Ein Produkt mit ätherischem Öl ist etwa 3 bis 4 Wochen im Kühlrschrank haltbar.