Warum wir uns beim Thema Geld keinen Stress machen sollten und wie Finanzen Spaß machen können. Das verrät Vreni Frost im Interview zu ihrem Buch „Coin Stress“.
Auch wenn es um das Thema Finanzen geht, ist Lachen erlaubt – denn mit Humor lässt sich dieses vermeintlich trockene Thema doch viel leichter angehen. Und wer könnte das besser als Autorin und Bloggerin Vreni Frost, die lange Zeit alles andere als ein Finanzprofi war. Im Studium knapp am Schufa-Eintrag vorbeigeschlittert und stets am Kontolimit lebend, ist sie heute bestens aufgestellt, was ihre eigenen Geldangelegenheiten angeht. Warum wir
uns beim Thema Geld keinen Stress machen sollten und wie Finanzen Spaß machen können. Das verrät Vreni Frost im Interview zu ihrem Buch „Coin Stress“.
Liebe Vreni, der Finanzdschungel erscheint auf den ersten Blick ziemlich undurchsichtig womit fange ich also bestenfalls an, wenn ich etwas sparen möchte?
Vreni Frost: Der allererste Schritt ist finanzielle Bildung. Finde heraus, welche Anlagemöglichkeiten es auf dem Markt gibt und welche davon zu dir passen. Mach dir außerdem bewusst, dass schon kleine Summen super sind, um zu sparen. Meine ersten ETF-Sparpläne fingen bei 25 Euro pro Monat an.
Mal angenommen, ich hab mit 35 Jahren noch keine Altersvorsorge – wie denkst du, stehen meine Chancen, mich mit 70 nicht nur von Joghurts zu ernähren?
Es kommt darauf an, wie diszipliniert du bist, und natürlich auch darauf, wie deine finanzielle Situation aussieht. Das ist wahnsinnig individuell. Ich habe auch erst verhältnismäßig spät mit der Altersvorsorge angefangen, verdiene aber gut, sorge mit unterschiedlichen Investitionen vor und mache mir deswegen keine großen Sorgen für das Alter. Dennoch ist es ein Fakt, dass vor allem Frauen von Altersarmut betroffen sind. Auch hier ist es wieder so wichtig, dass mehr Frauen sich mit Finanzthemen beschäftigen und sich hier emanzipieren.
Ist es also irgendwann zu spät, um mit Versicherungen und Investments anzufangen? Kann ich verlorene Zeit aufholen?
Es ist nie zu spät. Natürlich werden die Sprünge etwas kleiner, aber hüpfen kann man immer noch. Ich persönlich mache mich immer frei von dem Gedanken, dass ich Zeit verloren hätte. Es ist, wie es ist, und ausgehend von dem jetzigen Status quo kann ich meine Zukunft gestalten. Unser Leben ist so unstet, oft passieren unvorhergesehene Dinge und da müssen wir uns immer wieder neu ausrichten. Das ist eine Kunst für sich.
Vreni, was bedeutet für dich „reich sein“?
Das ist für mich total einfach: gesund zu sein und in Frieden zu leben. Alles Materielle ist unwichtig. Es ist schön, mir Dinge leisten zu können, aber einfach wirklich hart unwichtig.
In deinem Buch widmest du ein Kapitel dem kreativen Investieren. Was hat es damit auf sich und warum, denkst du, lohnt es sich?
Ich habe vor einigen Jahren angefangen in Kunst zu investieren und auch in Vintage-Designer-Schmuck und -Taschen von Yves Saint Laurent oder Chanel. Da sind ganz spannende Wertsteigerungen zu beobachten. Außerdem macht es einfach Spaß, nicht nur in Aktien oder ETFs zu investieren, sondern in den eigenen vier Wänden etwas Kostbares zu besitzen und das gegebenenfalls wertbringend weiterzuverkaufen. Erst letzte Woche habe ich einen Fine Art Print, den ich letztes Jahr für 350 Euro gekauft hatte, für mehr als das Doppelte verkauft. Katsching!
Wow – gerade für Frauen definitiv eine gute Idee, das Sparen zu verschönern und sich vor Fehlkäufen zu bewahren. Hast du auch da einen Masterplan, wie du dich vor denen schützt?
Leider nein, ich bin dafür genauso anfällig wie viele andere auch. 🙂 Aber im Gegensatz zu früher achte ich heute viel mehr auf Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen. Gerade Klamotten kaufe ich fast nur secondhand. Und ich mache ehrlich gesagt keine Fehlkäufe, ich finde alles ziemlich geil, was ich kaufe. Bei mir sind es nur Spontankäufe, keine Fehlkäufe. 🙂 Das macht es finanziell natürlich nicht besser, erfreut mich aber hin und wieder ungemein und das ist auch wichtig.
Was bedeutet es, stressfrei zu investieren?
Das Wichtigste ist, sich erst mal einen Notgroschen anzusparen, ich nenne den immer ganz gerne „Fuck It Fund“. Wenn dann mal die Spülmaschine kaputtgeht, ist es kein Weltuntergang. Erst wenn dieser Notgroschen da ist, sollten wir anfangen zu investieren. Und sobald wir etwas aus diesem Topf ausgeben, sparen wir das direkt wieder rein. Diesen finanziellen Puffer zu haben, erzeugt erst mal Sicherheit und Sicherheit bedeutet weniger Stress. Mit stressfrei investieren meine ich aber auch, dass wir uns auf uns selbst besinnen und nicht auf das, was
die Gesellschaft, Freunde, Familie und Co. als erstrebenswert erachten. Das ist also eine eigene finanzielle Emanzipation und wenn wir uns hier selbst ehrlich betrachten, finden wir heraus, dass es vielleicht doch nicht das dicke Auto sein muss, sondern dass unser Herz für ganz andere Dinge schlägt. Sich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen, bedeutet immer auch, sich mit dem eigenen Lebensentwurf auseinanderzusetzen, und das kann manchmal hart, aber auch unfassbar motivierend sein.
Im Buch schreibst du, dass es wichtig ist, sich selbst gut zu kennen auch beim Thema Investments. Warum ist das so wichtig?
Wir lassen uns so oft von außen steuern, wir werden zugeballert mit Konsum-Anreizen. Da fällt es manchmal schwer, sich darauf zu besinnen, was einem im Leben wirklich wichtig ist. Wir sehen zum Beispiel lauter tolle Influencer:innen mit ihren vermeintlich perfekten Leben, die mit der angesagten Designer-Handtasche lässig am Arm baumelnd durchs Luxushotel schlendern … Da fällt es dann der ein oder anderen manchmal doch recht schwer, nicht frustriert zu sein, weil die eigene Realität anders aussieht. Und hier kommt wieder mein Gedanke ins Spiel, dass materielle Dinge überhaupt nicht wichtig sind. Ein Leben ist nicht besser, nur weil die Person, die es lebt, finanziell besser aufgestellt ist. Ein Leben ist gut, wenn man gerne mit der Person lebt, die am wichtigsten ist: nämlich man selbst. Und das ist die große Herausforderung, vor der wir alle stehen. Die gute Nachricht: Die Arbeit an sich selbst funktioniert größtenteils gratis. Und wenn wir dann zum Thema Investments kommen, ist es wichtig zu wissen, ob ich sicherheitsliebend oder risikofreudig bin, ob ich mich realistisch einschätze und vernünftig mit meinen eigenen Finanzen umgehen kann.
Wenn ich wenig Zeit habe, mich mit dem Thema Finanzen und Investitionen zu beschäftigen – welchen Weg kann ich gehen, um trotzdem nicht auf der Strecke zu bleiben?
Es gibt ein ganz tolles Buch, das heißt „Coin Stress“ … Spaß beiseite, es gibt ganz viel tolle Literatur da draußen. Ich habe versucht, diese trockene Literatur in meinem Buch noch etwas unterhaltsam aufzubereiten, um Grundlagen zu vermitteln. Wir brauchen gar nicht so viel Zeit für diese Themen, aber ein wenig Wissen schadet nicht. Und dann funktioniert es für mich als kleine faule Sau am besten über Sparpläne, die monatlich abgebucht werden. Generell funktioniert viel über Daueraufträge, sodass man im Grunde keine Arbeit damit hat, außer zu Beginn die Entscheidung zu treffen, in was man investieren möchte. Und da sollte man tatsächlich ein wenig Recherche betreiben, um den Markt einschätzen zu können.
Ab welcher Summe lohnt es sich zu sparen?
Ab jeder Summe! Ich habe meinen ETF-Sparplan mit den 25 Euro immer noch laufen.
Wie wählt man die richtige Aktie aus?
Ich beobachte grundsätzlich den Markt und checke, ob die Unternehmensphilosophie zu meinen persönlichen Werten passt. Für mich ist die richtige Aktie nachhaltig, beutet Land und Lebewesen nicht aus und schadet dem Klima nicht. Da bleibt momentan noch nicht so viel übrig, aber ich setze auf die Zukunft.
Was ist dein Geheimrezept für eine erfolgreiche Altersvorsorge?
Kein Geheimrezept, ich habe ganz klassisch eine private Altersvorsorge und ich kaufe momentan eine kleine Immobilie als Wertanlage. Dazu kommen dann meine Aktien und ETFs. Gerade als Selbstständige bekomme ich keine staatliche Rente und will zusätzlich vorsorgen.
Was muss ich tun, um finanziell sorgenfrei zu leben?
Viel erben wäre schön … Da das den meisten von uns, mich eingeschlossen, nicht bestimmt ist, hilft es, sich einen finanziellen Puffer anzusparen. Unvorhergesehene Ausgaben können richtig belastend sein; ein Puffer sorgt dafür, dass der Aufprall etwas weicher ist.
Welche drei Finanzbegriffe sollte ich unbedingt kennen?
Inflation/Deflation, Zinseszins und Rendite. Read my book 😉
Über Finanzen zu reden seit Jahren ein Unding! Wie können wir uns das Thema „schmackhafter“ machen?
Mein Lieblingstipp: Wir alle kennen Buchclubs, Sportpartnerschaften, Nachbarschaftshilfe und Co. Warum also nicht einen eigenen Finanzclub mit deinen Freundinnen gründen? So könnt ihr euch zum Beispiel einmal im Monat (oder anfangs auch öfter) treffen, um gemeinsam Dinge zu lernen oder Anlagemöglichkeiten zu besprechen. Vielleicht sucht ihr euch beim ersten Treffen eine Haushaltsbuch-App und vergleicht einen Monat später eure Erkenntnisse. Ihr motiviert euch gegenseitig, und irgendwann richtet ihr zusammen ein Depot ein und schwups liegt vielleicht die erste Aktie drin oder der ETF-Sparplan ist abgeschlossen. Und: Ihr habt immer jemanden, der im selben Boot sitzt und euch beim Rudern hilft. Das geht bestimmt leichter und macht mehr Spaß!
Das klingt nach einer super Idee! Und bei all den vielen guten Ratschlägen – wie schafft man es nun, sich bei dem Thema Finanzen „Coinen Stress“ zu machen?
Viele von uns fühlen sich noch überfordert beim Gedanken, in die Finanzwelt einzutauchen. ,,Ich kann das nicht“ oder „Ich will das nicht“ sind Sätze, die unmittelbar Stress auslösen. Wenn wir glauben, einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein, dann meldet sich unser Körper direkt. Der Blutdruck steigt, Muskeln spannen sich an, und so einiges mehr passiert. Alles unnötig. Ihr habt bisher keine Altersvorsorge? So what, dann ist es eben so. Können wir rückwirkend nicht ändern. Abhaken, sich nicht unter Druck setzen, weitermachen. Ich habe mit knapp 30 angefangen und werde es überleben. Die gute Nachricht: Finanzen sind keine Raketenwissenschaft. Aber es erfordert etwas Fleißarbeit, um sich im Finanzdschungel zurechtzufinden, und wenn wir uns mit etwas auskennen, haben wir auch weniger Angst davor. Damit es für euch nicht so unübersichtlich wird wie für mich (ja, ich habe mich für uns von Liane zu Liane geschwungen), habe ich einen Trampelpfad in Form meines Buchs geschaffen. Damit kommt ihr gut durch und könnt euch danach auf die ein oder andere Expedition wagen, die euch interessiert. Und ihr werdet vielleicht wie ich herausfinden, dass Finanzthemen sogar Spaß machen.
Vielen Dank, liebe Vreni, dass du uns den Weg durch den Finanzdschungel so erleichterst!