Mode in der Zweiten Welle des Feminismus.
Nachdem die Frau in den Fünfzigern größtenteils an Herd und Heim gebunden war, begann in den Sechzigern eine neue, eine Zweite Welle des Feminismus – ausgelöst durch mehrere feministische Schriften.
1949 veröffentlichte Simone de Beauvoir ihr Werk mit dem Titel Le Deuxième Sexe (“Das andere Geschlecht”), in dem sie das Patriarchat und die Degradierung der Frau kritisierte. Erst einige Jahre später, nach dessen Übersetzung ins Englische wurde es in den USA und in Großbritannien populär. 1963 veröffentlichte Betty Friedan ihr Buch, “The Feminine Mystique”, das besonders amerikanische Hausfrauen ansprach, denn Frauen, die während des Kriegs Arbeit hatten, waren in ihren häuslichen Rollen zutiefst unglücklich. Beauvoirs und Friedans Texte waren zentrale Auslöser für die Zweite Welle des Feminismus. Es folgten Artikel der Journalistin Gloria Steinem, die unter anderem über Verhütungsmittel schrieb oder under cover als Playboy Bunny die Zustände in Playboy Clubs aufdeckte, wo Sexismus und Belästigung der Bunnys zum Alltag gehörte. Die 1960er sind die Geburtsstunde feministischer Theorien, wie wir sie heute kennen.
Swinging Sixties
Die Sixties zeichneten sich außerdem durch den sogenannten Youthquake aus – die Gesellschaft orientierte sich an und war getrieben durch die Jugend. So entstanden neue Trends, wie der Minirock. Als Erfinderin gilt Designerin Mary Quant, allerdings streitet sie das selbst ab – Erfinderinnen seien die jungen Mädchen, die bei Fittings forderten, die Röcke immer kürzer zu schneiden. Junge Frauen zeigten so viel Haut, wie noch nie zuvor, es war eine Art der Rebellion gegen herrschende Strukturen. Sie testeten die Limits dessen, was sozial akzeptabel war. Anfang der 60er trug man noch den New Look mit seiner extrem weiblichen Figur, die nur durch das Tragen von Korsetts und Petticoats zu erreichen war. Gegen Mitte des Jahrzehnts übernahmen schlichtere, A-linienförmige Etuikleider – die Taille wurde wieder befreit. Das weibliche Ideal war nicht mehr die Sanduhrsilhouette der 50er, sondern die jungenhafte Figur von Twiggy. Kleider hatten psychedelische, bunte Prints, man trug großen Schmuck aus Kunststoff – Mode engte nicht mehr ein, sondern machte Spaß.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der zur Frauenbewegung beitrug, war die Anti Baby Pille. In den 60ern wurde sie in vielen Ländern erhältlich, was zu einer sexuellen Befreiung führte. Frauen konnten selbst bestimmen, mit wem oder wann sie Sex haben wollten – ganz ohne Angst zu haben, schwanger zu werden.
Miss America Protest
1968 kam es in den USA zum bekannten Miss America Protest. Etwa 300 Frauen aus ganz Amerika waren angereist, um zu demonstrieren. Gegen den Schönheitswettbewerb, gegen die sexuelle Ausbeutung der Frau und gegen Rassismus, denn es gab in der Geschichte des Wettbewerbs noch keine einzige dunkelhäutige Kandidatin. Bei diesem Protest entstand auch das stereotypische Bild der Feministin als “bra-burner” – obwohl nie etwas verbrannt wurde. Vor dem Gebäude des Miss America Wettbewerbs hatten die Demonstrantinnen eine Tonne aufgestellt und Frauen wurden aufgefordert, Symbole der Unterdrückung, wie Stilettos, BHs oder Korsetts hineinzuwerfen, verbrannt wurde allerdings nichts. Dieses Bild wurde lediglich von einem Reporter gezeichnet und später vielfach in den Medien aufgegriffen.
Der Spruch “the personal is political”, war ein zentraler Gedanke unter Feministinnen der zweiten Welle. Er bedeutet, dass persönliche Erfahrungen in der Ungleichheit der Geschlechter und der politischen Situation verwurzelt sind. Wenn eine Frau beispielsweise von ihrem Mann missbraucht oder unterdrückt wird, ist das eine Reflexion der Unterdrückung der Frau in der Gesellschaft. In der Zweiten Welle des Feminismus gab es deshalb zahlreiche Proteste. Vieles, was vorher alltäglich war, wurde jetzt infrage gestellt. Unter anderem wurde gegen häusliche Gewalt gegen Frauen protestiert, denn Vergewaltigung in der Ehe galt zu dieser Zeit nicht als Straftat. Eine Frau gehörte ihrem Mann und Sex gehörte zu ihren ehelichen Pflichten.
Außerdem kämpften Frauen um das Recht zur Abtreibung, diese war lange Zeit sogar mit bis zu fünf Jahren Gefängnisaufenthalt strafbar. 1971 veröffentlichte der Stern in Deutschland nach französischem Vorbild eine Kampagne, bei der sich 374 Frauen bekannten: “Wir hatten eine Abtreibung”. Zu diesen Frauen gehörten auch Prominente, wie Romy Schneider oder Senta Berger. Initiatorin der Kampagne war Alice Schwarzer. Teilweise engagierten sich auch Frauen, die noch nie eine Abtreibung hatten, doch es ging darum, für einen Aufruhr zu sorgen. Und das funktionierte auch! Endlich fingen auch Frauen in Deutschland, die vorher eher still waren, an zu reden.
That Seventies Show
In den 70er Jahren wurde die Grenze zwischen Herren- und Damenmode immer verschwommener. Wenn Frauen Hosen trugen, löste das früher noch einen Skandal aus, jetzt war es plötzlich nichts Besonderes mehr. Es gab eine Vielzahl neuer Trends und verschiedener Strömungen, die alle gleichzeitig stattfanden. Zum ersten Mal war es möglich, durch Mode seine Persönlichkeit auszudrücken. Zuvor diktierte Mode, was man zu tragen hatte, man folgte Trends und passte sich ihnen an. Jetzt passte sich die Mode der Persönlichkeit an. Ganz egal, ob romantisches Bohogirl, Discoqueen oder Punk-Rockröhre, es war nicht nur akzeptabel sondern sogar erwünscht, einzigartig zu sein und sich durch seine Kleidung auszudrücken.
Eine Weile lang gingen Verkaufszahlen von Kleidern zurück – bei so vielen neuen Trends kein Wunder! Bis sie mit Diane von Fürstenberg ein Comeback feierten. Sie entwarf das revolutionäre Wickelkleid, das nicht nur schön aussah, sondern vor allem auch gemütlich und leicht zu tragen war. Diane von Fürstenberg selbst betonte die Vorteile des Kleids, denn es war so leicht an- und auszuziehen, dass man morgens leise aus dem Schlafzimmer eines Mannes schlüpfen konnte, ohne ihn zu wecken. Sie verhalf der Frau mit ihrem Wickelkleid zu noch mehr sexueller Freiheit und förderte damit die Rolle der Frau als Jägerin, anstatt als Gejagte.
The Eighties
In den Achtzigern begannen Frauen in der Arbeitswelt in immer höhere Positionen aufzusteigen. Powerdressing war angesagt! Anzüge und große Schulterpolster halfen dabei, sich Respekt zu verschaffen und ernst genommen zu werden.
Mode war da, um ein Statement zu setzen und die Persönlichkeit zu unterstreichen. Man trug Unterwäsche nicht nur unter der Kleidung, sondern bewusst als Teil des Outfits. Madonna war mit ihren konischen BHs, Tutus und ihren breiten Haargummis eine echte Stilikone. Man trug seine Haare groß auftoupiert und schweres Make-up im Gesicht. Doch auch der Stil von Prinzessin Diana und der Serie Denver Clan wurde zum Vorbild: Tagsüber Powersuits mit Schulterpolstern, abends gewagte Abendkleider mit Pailetten oder goldenem Lamé.
Die Frauenbewegung ebbte in den 80ern langsam wieder ab, nachdem einige der Forderungen erreicht waren. Frauen hatten wieder mehr Freiheiten, sie konnten nicht nur typische Frauenberufe einnehmen, sondern eine Karriere anstreben, Abtreibungen waren in vielen Ländern legalisiert und durch die Pille hatten Frauen einiges an Selbstbestimmung gewonnen.
Doch die Dritte Welle ließ nicht lange auf sich warten. Bereits in den 90ern flammte die Frauenbewegung wieder auf. Doch dazu mehr nächste Woche…
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