Hast du dich auch schon gefragt, was mit „der perfekte Körper“ eigentlich gemeint ist? Die Definition hat sich im Lauf der Jahrhunderte drastisch gewandelt. Komm mit uns auf Zeitreise!
Schon immer wurde von Frauen in verschiedensten Kulturen erwartet, in eine gewisse Schablone zu passen, um gängigen Schönheitsideal zu entsprechen. Im Folgenden erklären wir, was in verschiedenen Epochen unter einem „perfekten“ Körper verstanden wurde und wie sehr sich die Definitionen unterscheiden. Auffällig ist, dass immer schon nur eine Körperform besonders idealisiert und als perfekt abgestempelt wurde. Selten gab es eine Koexistenz verschiedener Ideale oder eine Vielfalt in dem, was als attraktiv empfunden wurde. Die Schönheitsideal wurden zudem vor allem durch den männlichen Blick eingefangen und überliefert. Vor allem männliche Künstler erlangten in früheren Zeiten (und auch heute noch) Bekanntheit und ihre Arbeit prägt somit das Bild dessen, was wir kennen. Das Gefährliche an der Art, wie die Menschheit schon immer mit Körperbildern umgeht: Figuren sind kein Trend! Kleidung kann Trends unterliegen, als in und out empfunden werden. Ein Körper, der uns ein ganzes Leben lang begleitet hingegen sollte nicht als Modeerscheinung erachtet werden. Wir zeigen auf, wie toxisch es ist, Körper als Trend zu propagieren und welche Gefahren hier lauern!
Der perfekte Körper im Laufe der Zeit:
1. Paläolithisches Zeitalter: Wohlgenährt

Die Venus von Willendorf war in dieser Zeit die absolute Definition von Schönheit – stark, gesund und wohlgenährt. Sie gilt als eines der ersten Kunstwerke und als erste Abbildung einer idealisierten Frau. Gefunden wurde die Skulptur 1908, ihre Entstehung wird auf 33.000 Jahre zurückdatiert. “Es wird vermutet, dass sie eine Fruchtbarkeit-Figur war, die Glück bringen oder ähnlich eines Aphrodisiacs wirken sollte. Gemacht von Männern, um von Männern bewundert zu werden.“ Im paleolithischen Zeitalter wurde ein schöner Körper gleichgesetzt mit einem, der Kinder austragen konnte. Stärke bedeutete somit Attraktivität.
2. Antikes Ägypten: Eitelkeit

Ägypter:innen betrieben großen Aufwand für eine ansprechende optische Erscheinung. Die Pharaonen können wohl als auffallend eitel beschrieben werden. Auf Wandgemälden sind dünne, stark geschminkte Figuren zu entdecken. Die damalige Kleidung war eng anliegend geschnitten und zeichnete jegliche Körperformen nach, wodurch die Figur durch andere stark bewertet wurde.
3. Antikes Griechenland: harmonische Symmetrie

In der Antike standen vor allem Männerkörper im Vordergrund. Muskulöse, athletische Körper zierten Vasen, Gemälde und Skulpturen. Für Männer muss es wohl belastende gewesen sein, dieses Ideal erreichen zu müssen. Anhand von Statuen lässt sich jedoch auch nachvollziehen, welchem Idealbild Frauen unterlagen. Harmonie und Symmetrie standen im Vordergrund, also gleichmäßig verteilte Proportionen. Frauenkörper wurden mit sanften Kurven, einem runden Po, langen Beinen, welligen Haaren und einem sanften Gesichtsausdruck dargestellt. Das Becken war meist gebärfreudig geformt, während die Brüste eher kleiner ausfielen.
4. Mittelalter: Bauchgefühl
Kindlich und schlank sollte die perfekte Frau im Mittelalter geformt sein. Es fand kaum Betonung von Brust oder Hüften statt, jedoch galt ein hervorgewölbter Bauch (der auch durch das Tragen bestimmter Kleidungsstücke erzeugt wurde), als Schönheitsideal. Die ausgeprägte Körpermitte erinnerte an eine Schwangerschaft, war jedoch als Zeichen von Erotik und sexueller Anziehungskraft zu verstehen. Wie – wortwörtlich – hirnrissig manche Schönheits-Trends sind, zeigt übrigens folgende Prozedur aus dem Mittelalter: Weil eine hohe Stirn als attraktiv galt, rupften sich Frauen ihre Haare am Ansatz aus.
5. Italienische Renaissance: Lust, Fruchtbarkeit und Jugend

In der italienischen Renaissance wurden vor allem Lust, Fruchtbarkeit und Jugend bewundert. Künstler wie Raphael portraitierten kurvige Frauen in ihren Kunstwerken, die als Inbegriff von Schönheit galten. Busen, Bauch und Po waren gerundet und auch ein Doppelkinn wurde als Körperideal verehrt. Selbst Raphael stellte jedoch damals jedoch schon fest, dass seine Kunstwerke meist keine realen Frauen sondern lediglich fiktive Idealvorstellungen abbildeten. Seine Ehrlichkeit lässt auf eine starke Kluft zwischen Schönheitsideal und Realität schließen, die wir bis heute in der Gesellschaft wahrnehmen.
6. Barock: Rundungen
Im darauffolgenden Barock galten noch korpulentere Körper als Idealbild. Der Maler Peter Paul Rubens prägte mit seinen „Rubensfiguren“ die Kunst- und Körperlandschaft.
7. Viktorianisches Zeitalter: nicht zu kräftig

Im viktorianischen Zeitalter gab es kein bestimmtes Körperteil, das hervorgehoben wurde. Das gängige Schönheitsideal konzentrierte sich auf einen blassen, fragil wirkenden Look mit großer Brust und einem rundlichen Körper. Das Tragen eines Korsetts wurde erwartet, die zuvor gefeierten Rundungen eingeschränkt und in eine Sanduhr-Silhouette gepresst. Solange diese Kriterien zutrafen, sprach man von der perfekten viktorianischen Lady.
8. Das 20. und 21. Jahrhundert
Nach dem Ende der viktorianischen Ära wandelte sich das gängige Körperbild ständig. In den 1920ern wurden burschikose Figuren, eine flache Brust und ein kurzer Bob an Frauen idealisiert. Androgynie als neue identitätsstiftende Kraft stand im Vordergrund. Im glamourösen Hollywood der 40er und 50er hingegen bahnten sich sinnliche Kurven und voluminöse Brüste ihren Weg zurück in den Mainstream. Die Periode hielt jedoch nicht lang an, denn in den 60er-Jahren wurde mit Topmodel Twiggy ein dünner, blasser Look zur Mode.

Heutzutage ist es schwer, nur einen Standart zu definieren. Schönheits-OPs erfreuen sich großer Beliebtheit, gleichzeitig sind sie im Angesicht des stetigen Wandels von Körpertrends auch schnell outdated. Man denke an Kim Kardashian, die erst das Schönheitsideals des BBL (Brazilian Butt Lift) mitprägte, um sich einige Jahre später ihre Implantate wieder entfernen zu lassen. Warum sollte man den eigenen Körper verändern, wenn er eventuell ein Jahr später schon wieder als „trendy“ erachtet wird? Es ist wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass der Vergleich mit anderen eher schadet als förderlich ist, und jede:r von uns unterschiedlich gebaut ist. Love yourself! Falls du traurig darüber bist, dass du nicht den vermeintlich „perfekten“ Körper hast, erinnere dich daran, dass das Ideal einem ständigen Wandle unterliegt.
Meist gilt genau das als Trend, was es gerade nicht gibt. In armen Zeitaltern mit Ressourcenknappheit wurden wohlgenährte Körper verehrt, weil diese von etwas Kostbarem zeugten, von Reichtum und von guten Überlebenschancen, während in der heutigen Epoche des Überflusses dünne Körper, die von Verzicht sprechen, als schön erachtet werden. Es muss wohl nicht erwähnt werden, wie unfassbar ungesund diese Betrachtungsweise ist. Der Körper von Frauen (oder irgendwem) ist kein Trend!! Sogenannte „Körpertrends“ dienen lediglich der Unterdrückung und entspringen einem patriarchalen, kapitalistischen System, in dem Menschen eingeredet wird, dass etwas nicht in Ordnung sei, um ihnen etwas zu verkaufen.
Aus dem Englischen übersetzt und ergänzt von Kassandra Schneider, Original von Cheyenne Mueller