Welche Rolle spielt Glaube in unserer heutigen Gesellschaft noch?
Wenn wir heute eine neue Arbeitsstelle antreten, uns einen Reisepass ausstellen lassen, einen Mietvertrag unterschreiben, oder nur unsere Steuererklärung abgeben, gibt es da eine Sache, nach der immer gefragt wird: unsere Religion.
Den Grund dafür habe ich nie wirklich verstanden, ist doch unser Glaube eher eine stille oder viel mehr private Angelegenheit. Glaube soll uns Mut und Kraft geben, Zusammenhalt und vielleicht Gemeinschaft schenken oder auch nur ein Fels in der Brandung für uns selbst sein. Ihn zu definieren – fast unmöglich. Glauben wir doch alle an etwas anderes und letztendlich doch an dasselbe. Und trotzdem werden wir oft verurteilt oder besser gesagt – vorurteilt. Politisch, gesellschaftlich, aber auch mental.
Menschen werden wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat vertrieben, unterliegen Reiseabkommen, die ihnen verbieten, gewisse Orte unserer Welt zu betreten und bieten Angriffsfläche für Radikalisierung. Doch diese schlimmsten Auswirkungen sollten es nicht sein, die Glauben definieren
Bei einem Date wird uns geraten, nicht über Politik, Geld oder Religion zu sprechen – da das die Themen mit dem höchsten Konfliktpotenzial sind. Ist es nicht traurig, dass wir unseren Glauben heute lieber verschweigen, um unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen? Klar, unsere Gesellschaft ist geprägt von schlimmen Kriegen und Attentaten, denen Radikalisierung von Glauben zugrunde liegt, aber ist nicht genau der offene Diskurs das, was wir genau brauchen? Können wir denn kein Licht mehr anzünden ohne Angst vor Verurteilung zu haben?
Die Folge: Wir selbst verbannen Religion oder Glauben oft in eine hintere Ecke unseres Bewusstseins, kramen sie an Weihnachten, zu Hochzeiten oder einer Beerdigung kurz wieder hervor oder dann, wenn es jemandem wirklich schlecht geht. Doch sollte der Glaube nicht mehr sein als ein Etikett, eine Förmlichkeit, oder ein Retter in Not?
Mit dem Glauben an etwas zu wachsen, haben wir verlernt. Oft als Esoterikschwachsinn abgestempelt, wurde ein großer Teil unserer Glaubensphilosophie längst klammheimlich redefiniert: In den Glauben an uns selbst. Ich möchte niemandem zu Nahe treten, deshalb pardon, wenn ich das jetzt so sage, aber wovon die meisten von uns früher zu wenig hatten, haben einige heute zu viel. Wir sind unseres eigenen Glückes Schmied, das steht nicht im Zweifel – aber was sind wir, wenn wir nur noch uns selbst als Sonne des Systems wahrnehmen? Wo bleiben da noch Moral oder Empathie? Inwiefern bietet unsere Gesellschaft überhaupt noch Platz für Glaubensrituale oder Theorien im klassischen Sinne? Welche Art von Wunder verträgt unser Glaube noch? Schaffen es unsere fünf Weltreligionen überhaupt noch, uns gerecht zu werden? Oder welche Updates wären nötig?
Hier nochmal eine kurze Zusammenfassung unserer fünf Weltreligionen:
Judentum:
Das Judentum ist die älteste und kleinste Weltreligion. Sie gilt als der Ursprung für das Christentum und den Islam. Es gibt ca. 15 Millionen Gläubige, die hauptsächlich in Nordamerika und Israel leben. Als Urvater gilt Abraham, der seinen Glauben und sein Vertrauen in einen einzigen Gott setzte: Jahwe. Von ihm wurde das „Gelobte Land“ versprochen in das der Prophet Mose die gefangenen Israeliten führte und befreite. Er empfing auf dem Weg dorthin die 10 Gebote. Die heilige hebräische Schrift wird als Thora bezeichnet.
Christentum:
Das Christentum ist die größte Weltreligion mit ca. 2,1 Milliarden Anhängern, wovon die meisten in Europa leben. Nach der Religion zufolge hat Gott seinen Sohn Jesus auf die Erde entsandt und sich damit den Menschen gleichgestellt. Er selbst kam als Jude zur Welt und zog als Prediger mit seinen 12 Aposteln nach Jerusalem um die Botschaft Gottes, der alle Sünden auf sich nimmt um Menschen zu retten, zu verkünden. Dort angekommen wurde er wegen Gotteslästerung zum Tod am Kreuz verurteilt. Nach seiner Kreuzigung hat Jesus den menschlichen Tod überwunden und ist zu Ostern wieder auferstanden. Die Auferstehung führte zur Herausbildung des Christentums als eigene Religion. Die heilige Schrift ist die Bibel.
Islam:
Der Islam gilt als die zweitgrößte Weltreligion mit über 1,2 Milliarden Gläubigen in über 100 verschiedenen Ländern. Dem Prophet Mohammad erschien der Engel Gabriel im Schlaf und forderte ihn auf, die Botschaft Gottes zu verkünden. Auf seinem Weg nach Medina fand er viele Anhänger, denen er Großzügigkeit gegenüber den Armen lehrte und an nur einen Gott zu glauben: Allah. Muslime beten fünf mal am Tag Richtung Mekka. Ihr heiliges Buch ist der Koran.
Buddhismus:
Der Buddhismus ist eine friedliche Weltreligion, die besonders in Asien sehr verbreitet ist. Verehrt wird die Gottesfigur Buddha, was so viel bedeutet wie der „Erleuchtete“ oder „Erwachte“. Der historische Buddha, auf dem der Glaube beruht, wurde als Siddharta Gautama um 566 v. Chr. geboren. Nach vielen Jahren Entbehrung und Meditation erfuhr er die Erleuchtung und gab in seiner 45-jährigen Lehrzeit viele seiner Erkenntnisse aus den verschiedensten Lebenssituationen weiter. Die buddhistische Lehre basiert auf dem Prinzip der Wiedergeburt, anstrebsamer Zustand des Glücks ist aber das Nirwana. Die buddhistische Leere wird als Dharma bezeichnet.
Hinduismus:
Der Hinduismus ist die drittgrößte Religion der Erde mit Ursprung in Indien. Rund 750 Millionen Menschen bekennen sich zu ihr. Hier ist das Handeln der Menschen wichtiger als der Glaube – es nennt sich Karma. Alles, was ein Mensch macht, steht im Zusammenhang mit seinem Glauben. Auch im Hinduismus glaubt man an Wiedergeburt – die guten und bösen Taten entscheiden aber über dessen Art. Menschen können in einen besseren oder schlechteren Stand (Kaste) oder sogar als Tier oder Stein wiedergeboren werden. Im Hinduismus gibt es viele Götter und unterschiedliche Glaubensströmungen. Einige verehren Brahma, andere Shiva als einzigen Gott. Ebenso existiert eine Vielzahl an heiligen Schriften: Die Shruti enthalten Botschaften der Götter, die Smriti erzählen ihre Geschichten.