Im Winter in die Sonne flüchten
Der Winter spaltet uns alle in zwei Lager: Die, die es kaum erwarten können, dass der erste Schnee fällt und die, die sich in die Sonne flüchten. Wenn du zur Kategorie Sonnenanbeterin gehörst, bist du in Curacao genau richtig.

Den Winter im kalten Deutschland verbringen? Ohne mich! Klar, die besinnliche Jahreszeit hat etwas für sich. Aber sobald der Weihnachtsbaum zu Kleinholz verarbeitet im Garten liegt und die letzten Silvesterknaller von den Straßen gefegt wurden, beginnt sich die dunkle Jahreszeit von ihrer ungemütlichen Seite zu zeigen und zieht sich dabei zäh wie Kaugummi bis zu den ersten warmen Sonnenstrahlen. Die beste Zeit also, um die Koffer zu packen und seinem Fernweh zu frönen. Mich zieht es in die Karibik, genauer gesagt nach Curacao. Türkisfarbenes Meer und einsame Buchten, genau das will ich jetzt. Von München aus erreicht man die Insel mit der Fluglinie KLM über Amsterdam. Nach elf Stunden Flug bin ich endlich angekommen. Der erste Weg geht natürlich gleich zum Strand. Da ich vorher noch nie in der Karibik war, erwartete ich kilometerlange weiße Sandstrände. Wie uns jedoch erklärt wird, gibt es in Curacao nur kleine Buchten, die die Insel sozusagen „ausspuckt“. Aber das tut dem Karibikfeeling keinen Abbruch. Wir erreichen die traumhaft schöne Bucht Kokomo Beach und jeglicher Anreisestress fällt sofort ab. Vor allem beim Blick auf das Meer, das tatsächlich so Türkis ist wie der Likör, den wir alle noch aus Teenie Zeiten kennen.

Wer wie ich keine Lust auf Pauschalurlaub und abgelaufene Touristenpfade hat, ist in Curacao genau richtig. Um Land und Leute besser kennenzulernen besuchen wir Dinah Veeris. Die 80-jährige „Kräuterhexe“ wirbelt fit wie ein Turnschuh durch ihren ein Hektar großen Garten und erklärt uns zu jeder Pflanze, die hier wächst, ihre heilende Wirkung. Aloe Vera & Co. werden direkt zu Tinkturen verarbeitet und im Shop nebenan verkauft.

Eine weitere beeindruckende Frau, die wir auf unserer Reise kennenlernen ist Serena Janet. Auf einer 6-jährigen Segeltour machte sie Halt auf Curacao und beschloss einfach hier zu bleiben. Die quirlige Berlinerin ist Gipsbauerin und hat 2012 ihr eigenes Geschäft eröffnet, in dem sie, die für Curacao typischen Chichis, bunt bemalte Gipsfiguren, produziert und verkauft. Die Auswanderin findet kurvige Frauen wunderschön und das sieht man ihren Figuren auch an.

Die Komfortzone verlassen hat auch Helmi Smeulders bei der wir einen karibischen Kochkurs buchen. Sie hängte ihren sicheren Job als Rechtsanwältin in Amsterdam an den Nagel und eröffnete auf Curacao das Catering-Unternehmen Thelma & Louise – Wild Cooking. Ihre Leidenschaft fürs Kochen und ihre Liebe zu frischen Zutaten und Gewürzen teilt sie gerne bei gemeinsamen Kochkursen für alle, die das Karibikfeeling mit nach Hause nehmen möchten.

Von der Kochschule in die Bar: Die Cana Bar & Kitchen ist sozusagen das Wohnzimmer der Inselbewohner. Hier trifft man sich zum entspannten Rum-Tasting bei chilliger Loungemusik und hervorragendem Fingerfood. Unbedingt probieren: Sousvide Rum Ribs – zergehen auf der Zunge.

Heute geht’s nach Willemstad, die Hauptstadt der Insel, die uns mit bunten Häuserfassaden in den schönsten Bonbonfarben empfängt. Hier lässt man sich am besten durch die kleinen Gassen treiben und erkundet die kleinen, typisch karibischen Läden oder bucht eine Tour durch die Curacao Liqueur Distillery, um mehr über den berühmten Likör Blue Curacao zu erfahren.

Nächster Programmpunkt: Schnorcheln mit den Meeresschildkröten. Dazu fahren wir nach Westpunt Bay. Vielleicht nicht gerade der schönste Strand Curacaos, aber zum Schnorcheln ideal. So nah wie hier, bin ich diesen tiefenentspannten Meeresbewohnern noch nie gekommen. Auf jeden Fall eines der Highlights dieser Reise.

Obwohl man das nicht wirklich ausmachen kann – zumindest ich nicht. Die Insel ist voll von faszinierenden Menschen und Orten, die es zu entdecken gilt. Eine unscheinbare Werkshalle am Straßenrand entpuppt sich als Food Market (Marshe Barber), auf dem ich die besten Pumpkin Pancakes meines Lebens gegessen habe. Ebenso der lange Weg durch eine öde Wüstenlandschaft, an dessen Ende wir auf einmal vor dem überwältigenden Boca Pistol stehen, der meterhohe Wasserfontänen ausspuckt, was ein beeindruckender Kontrast zum ruhigen Meer an der Südwestküste der Insel ist. Als wir auf dem Rückweg an einem einfachen Gebäude mit Wellblechdach und Terrasse an einer Straßenkreuzung zum Essen anhalten, bin ich etwas verdutzt. Aber auch hier sollte ich eines Besseren belehrt werden. Denn in Williwood wird immer Sonntag, ab 18 Uhr, ein BBQ mit Live-Musik veranstaltet. Was soll ich sagen – tolles Essen, tolle Menschen und eine tolle Stimmung.

Das einzige, das wir nicht mehr geschafft haben, obwohl eigentlich ein Must, wenn man schon mal hier ist, war ein Besuch auf der unbewohnten, vorgelagerten Insel Klein Curacao. Sie liegt etwa 11 Km südöstlich von Curacao und wird mehrmals täglich von Katamaranen angefahren. Aber vielleicht war es auch Absicht, um einen Grund zu haben, nochmal wieder zu kommen.