Was passiert, wenn wir die Pille einfach absetzen und nie wieder nehmen?
Vorab: Dieser Artikel ist sehr persönlich.
Es ist natürlich jedem selbst überlassen, wie und ob sie verhüten möchte. Ich bin kein Arzt und möchte auch nicht mit dem erhobenen Zeigefinger Predigten vom Stapel lassen. Ich selbst habe die Pille ganz selbstverständlich 13 Jahre lang am Stück genommen, bis meine Beziehung daran zerbrach und am Ende auch fast ich.
Wunderwaffe Antibabypille?
Spätestens mit dem ersten Freund kommt die Frage nach der Verhütung auf. Bei Pubertätsakne oder einer festen Partnerschaft wird in unseren Breitengraden relativ schnell die Antibabypille verschrieben. Doch wissen wir genau, wie sie funktioniert und was sie mit unserem Körper und unserer Seele macht? Eigentlich bedeutete die Erfindung der Pille vor rund 60 Jahren sexuelle Freiheit- der Preis dafür ist aber in vielen Fällen hoch.
Als ich mit 15 Jahren meinen ersten festen Freund hatte und mich in der Bravo über Sex informiert hatte, war klar: Das muss ich ausprobieren, das will ich auch! Wir warteten händchenhaltend noch ein halbes Jahr, machten einen Termin beim Frauenarzt und nach 20 Minuten Beratungsgespräch hatte ich das Rezept für die Pille in der Hand. Die Risiken und Nebenwirkungen wurden nicht lange besprochen, ich sollte nur nicht so viel rauchen, was ich natürlich trotzdem tat, denn ich war jung und wild und hatte nun endlich die Kontrolle über meinen Unterleib. Anfangs merkte ich keinen großen Unterschied, wobei das Thema Achtsamkeit und das Hören auf den eigenen Körper in so einem jungen Alter wohl eher eine geringe Rolle spielt. So vergingen die Jahre und ich war glücklich mit meiner Verhütungsmethode. Die Jungs fragten: “Nimmst du die Pille?” und ich sagte “Ja, klar!” und das Thema war vom Tisch.
Schluss mit der rosaroten Phase
Wenn andere über schlimme Regelschmerzen klagten, schüttelte ich innerlich nur den Kopf und fragte mich, warum manche Frauen so wehleidig sind.
Als ich 23 war, begann meine erste wirklich feste und ernsthafte Partnerschaft, die zweieinhalb Jahre dauerte. Anfangs hatten wir sehr große Lust aufeinander, doch nach etwa einem Jahr merkte ich, dass ich immer öfters früh schlafen ging oder extra spät nach Hause kam, um um den Sex herum zu kommen. Meinen Freundinnen erzählte ich erst einmal nichts, weil es mir peinlich war, dass ich auf dem besten Weg war, frigide zu werden. Wie ich später erfahren haben, ging es den meisten meiner Freundinnen so, die die Pille nahmen. Mein Geruchssinn ließ extrem nach und oft roch ich meinen Partner nur, wenn er Parfüm trug. Nochmal vier Monate später hatte ich gar keine Lust mehr auf Sex und wenn ich mich mal dazu durchringen konnte, hatte ich dabei keinen Spaß, sondern fast schon Schmerzen. Meine Laune war im Keller, ich war antriebslos und schlapp. Zunächst dachte ich mir, dass das sicher eine Depression sei. Ich beendete die Beziehung, nahm aber weiterhin die Pille und dachte mir, es würde bergauf gehen. Die nächsten zwei Jahren sahen ähnlich aus, ich wusste nicht, was mit mir los ist, rannte von Psychologe zu Psychologe, aber nichts half etwas.
Bye, bye Pille!
Als ich 28 war, ging ich zu einer Heilpraktikerin, dessen erste Frage auf die Schilderung meiner Symptome war: “Nimmst du die Pille?”
Was hatte die Pille mit meiner Verfassung zu tun? Verwirrt verließ ich die Praxis und nahm mir vor den Versuch zu wagen. Nach Absetzen der Pille spürte ich die ersten drei Wochen keinen Unterschied, danach aber umso krasser. Durch das erhöhte Testosteronlevel war ich wie ein 20-jähriger Kerl, meine Libido schoss auf einmal durch die Decke, dass ich gar nicht mehr wusste, wohin mit mir. Jede Berührung fühlte sich auf der Haut an, als hätte ich zusätzlich zwei Millionen neue Nervenzellen bekommen. Ich konnte auf einmal Dinge riechen, die ich seit über zehn Jahren nicht mehr gerochen hatte. Meine Laune besserte sich innerhalb von drei Monaten so immens, dass ich es schon fast als neues Lebensgefühl bezeichnen würde. Als hätte ich all die Jahre unter einer dumpfen Glasglocke gesessen.
Nur Geduld, es pendelt sich irgendwann alles ein!
Leider bringt das Absetzen der Pille auch eine Downside mit sich. Die Haut wird zunächst schlechter, Pickelchen und Rötungen sind an der Tagesordnung. Das alles pendelt sich aber nach einer gewissen Zeit wieder ein. Die monatliche Blutung ist keine Abbruchblutung, sondern eine echte und das spürt man. Seitdem ich die Pille nicht mehr nehme, habe ich jeden Monat Schmerzen und die Blutung ist teilweise so stark, dass ich mich oft frage, ob ich Blutarmut bekomme. PMS ist nun eine echte Herausforderung. Doch ich würde all das gegen nichts eintauschen. Das Gefühl, Frau zu sein und sich wieder zu spüren, ist trotz allem unschlagbar. Den Eisprung zu merken und seinen Körper kennen zu lernen – etwas, was man über die Jahre verlernt – gibt einem Selbstbewusstsein und auch Kontrolle. Ich verhüte mit meinem Partner seit über drei Jahren nur mit einer Kombination aus Tage zählen und spüren. Zu verschiedenen Verhütungsmethoden werde ich euch nochmal einen separaten Artikel schreiben.
Jeder Körper ist anders
Natürlich gibt es bestimmte Krankheitsbilder, bei denen es ohne Frage sinnvoll ist, die Pille zu nehmen. Bei manchen Frauen mögen die Auswirkungen auch nicht so stark sein. Trotzdem muss uns klar sein, dass das Verhütungsthema fast ausschließlich an uns Frauen hängen bleibt und wir unseren Körper jahrelang mit Chemie füttern. Wer jahrzehntelang die Pille nimmt, riskiert, dass die Eierstöcke ihre Arbeit verlernen und das Thema Kinder kriegen mit dem Alter immer schwieriger wird. Ich hoffe, dass dieser Artikel euch einen Denkanstoß gibt und ihr ohne Pille genauso happy werdet wie ich!
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